Ein Tag im Leben des VolleyballJugendtrainers Heiko Scholz

(Trainer einer Volleyball-B-Jugend-Mannschajt)

Sonntags, kurz vor dem Aufstehen

Aus meinen schönen Träumen gerissen, wird mir langsam klar: Heute ist ja Sonntag, und meine Jungs haben ein wichtiges Spiel! Also, raus aus den Federn, denn wir sind schon um 8 Uhr verabredet.

Seit Jahren geht das nun so - natürlich "ehrenamtlich" - und ich frage mich manchmal, warum ich das immer noch mache. Doch sind solche Gedanken schnell wieder verflogen, und im Bus wird die Stimmung auch meiner Jungs merklich besser, als wir uns nach einstündiger Fahrtzeit dem Wettkampfort nähern. Jetzt gilt es, die allzu euphorischen Siegesprognosen etwas einzudämmen und an den Mannschaftsgeist zu appellieren . Alle zehn Spieler sollen auflaufen, da ist jeder Einzelspieler zum Teamwork verpflichtet.Wenn ich bedenke, wie weit wir es in den eineinhalb Jahren gebracht haben, dann können wir einigermaßen stolz sem. Die Kameradschaft und der Enthusiasmus der Jungs sind nach wie vor toll. Nach dem Umkleiden kommt erst einmal das "beliebte" Aufwärm- und Stretchingprogramm, denn wir wollen wie immer kein Verletzungsrisiko eingehen. Während des Spiels heißt es, die Spieler immer wieder neu zu motivieren und - auch nach schwächeren Aktionen - wieder moralisch aufzubauen. Heute sind meine Jungs gut drauf und liegen klar in Führung; das versetzt natürlich auch den Trainer in Hochstimmung.

Dennoch gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren,zumal ich mich über einige zweifelhafte Entscheidungen des Schiedsrichters gewaltig ärgere. Noch zwei Punkte zum Gewinn des ersten Satzes. Geschafft! Im zweiten Satz kommen dann frische Auswechselspieler zum Zug. Doch wie es eben bei solchen Spielen kommt: im zweiten Satz liegen wir plötzlich 4:12 hinten. Natürlich auch "dank" der dubiosen Pfeiferei des Schiris. Da muß ich mich in der Auszeit ganz schön zusammenreißen, und so versuche ich - gute Miene zum bösen Spiel machend - die ausgelaugten Burschen wieder psychisch hochzupäppeln, indem ich an ähnliche Situationen erinnere, aus denen wir uns auch wieder herausmanövrieren konnten.

Und tatsächlich: Meine Gelassenheit und mein gutes Zureden haben positiv gewirkt, denn wir konnten das Spiel letztendlich noch zu unseren Gunsten entscheiden. Wie so oft war's natürlich wieder ganz schön nervenaufreibend, doch - nach dem Sieg mit der Welt versöhnt - hatte ich noch den Drang, mich beim Schiri für "meine Ausfälle" zu entschuldigen.In der Kabine dann die ausgelassene Siegesfeier: In solchen Situationen bin ich ganz der "Kumpel" der Jungs, ohne in den entscheidenden Momenten an Autorität einzubüßen. Auch über das rein Sportliche hinaus haben wir eine gute Vertrauens basis, so daß mich die Jungs voll und ganz akzeptieren.

Wieder zu Hause

Im Rückblick und mit etwas mehr Abstand zum Geschehen drängt sich mir der Gedanke auf: Wieder ein Sonntag ohne Familie, den ganzen Tag in der Sporthalle verbracht. Naja, der tolle Erfolg rechtfertigt das vielleicht, und leichte Skrupel Frau und Kindern gegenüber verschwinden. Man<;:hmal kommen mir auch beim Einschlafen Gedanken an die 1. Bundesliga, an Geld und Ruhm. Das wäre natürlich was! Doch gleichzeitig kommen auch Zweifel auf: Gibt es da noch so viel Freude am Spiel, wie wir sie haben, denn im Spitzenvolleyball geht's hart zur Sache. Wäre ich dem gewachsen? Wie dem auch sei, heute bin ich erst einmal müde und sehr glücklich. - -

Gedanken eines "harten Hundes"

(Ein Bundesligatrainer kommt ins Grübeln)

Die Wirkung nach außen ist die eine Seite: In der Branche gelte ich als "harter Hund" und sogar - pardon - als "autoritäres Schwein':

Zugegeben: Gewisse "Auftritte" von mir legen dieses (Vor-) Urteil nahe, denn Spieler und Verein sowie die Öffentlichkeit haben nun mal eine bestimmte Erwartungshaltung in dieser Richtung. Aus dieser Rolle, die ich spiele, kann ich so leicht nicht wieder herausschlüpfen.

Faires Verhalten im Trainergeschäft ist nicht naturgegeben und setzt ein gewisses Rollenverständnis eigentlich voraus. Das heißt, daß die Persönlichkeit des Trainers nicht von Sachzwängen völlig untergraben werden darf. Auch die Medien fördern jenes Rollenspiel mehr oder minder, aber die Balance zu finden zwischen der - eingestandenermaßen - gut bezahlten Rolle und der ureigenen, unbestechlichen Persönlichkeit ist gewiß nicht immer einfach.

Denke ich an die vielen Privilegien, die die Spieler ihrerseits durch den Leistungssport besitzen, und sehe, wie unreflektiert und selbstverständlich diese hingenommen werden, so frage ich mich oft, wo die angemessene Gegenleistung in menschlich-charakterlicher Hinsicht bleibt.

Da gibt es Spieler, die sich in simulier e Verletzungen flüchten, obwohl sie für die Mannschaft unentbehrlich wären; eine ein wöchige sinnvolle Zwangspause, vom Mannschaftsarzt legitimeFweise verordnet, wird nic t selten von allzu selbstherrlichen Spielern willkürlich verlängert:

Wie soll ich als verantwortlicher Trainer da reagieren? Wie weit darf ich andererseits bei der Ermahnung solcher Profis gehen, ohne ihre Persönlichkeitsrechte als mündiger Bürger nicht zu verletzen? Kann ich ihnen auch als Freund Hilfestellung leisten und sie zu mehr Teamgeist animieren?

Prinzipiell versuche ich schon ohne, Druck oder irgendwelche rigorosen Maßnahmen auf die Spieler einzuwirken und sinnvoll mit ihnen zu arbeiten: Nur so und durch überzeugendes Auftreten sowie plausible Argumente kann ich die - häufigja noch sehr jungen - Burschen zur Selbsteinsicht bewegen. Es darf einfach nicht sein, daß auch nur ein Spieler meine bloße Gegenwart als bedrückend oder belastend empfindet, denn auch ich bemühe mich, den Erwartungs- und Erfolgsdruck, der von seiten des Vereins auf mir lastet, nicht auf die Mannschaft zu übertragen.

Ziel sollte, im Rahmen des Möglichen, immer sein, gemeinsam einen realistischen Erfolg mit allen Kräften anzustreben. Bequemlichkeit und Faulheit darf ich genauso wenig dulden wie vorsätzlich unfaires Verhalten meiner Spieler; schließlich muß ich in jedem Spiel und auch sonst für meine Mannschaft geradestehen.

Wenn ich auch nach außen immer wieder Härte demonstrieren muß, so kann und darf ich doch den ein einen Spieler nicht nur als bloßes "Material" ansehen, über das ich frei verfügen kann, sondern sollte ihn als Me sch und Individuum achten. Auch im Hochleistungssport - oder gerade dort - hat der § des Grundgesetzes uneingeschränkte Geltung.

Sich diesen ethischen Grundfragen immer wieder neu zu stellen, seine Ziele, Methoden und sich selbst in Frage zu stellen, dies scheint für ein gesundes Selbstbewußtsein .Jn unserem Job unabdingbar. Schon mancher Kollege ist bekanntermaßen in seiner Rolle - alkoholbedingt - " ertrunken ' ~

Eine in sich gefestigte Trainer-Persönlichkeit kann dem Duck von innen und außen einfach besser Paroli bieten. Nur mit klarem Blick und fester Hand kann man konsequente Entscheidungen treffen und realistische Ziele anvisieren,ohne sich von Funktionären gängeln oder von Vereinsführung und Medien zur Marionette machen zu lassen.

Natürlich kommt einem schon mal der Gedanke, alles hinzuschmeißen, um für Familie und Hobby mehr Zeit zu haben: Da frage ich mich dann, ob ich mich nicht nach dem Bundesligarummel zurücksehnen würde; doch letztendlich glaube ich das verneinen zu können, denn süchtig danach scheine ich wohl nicht zu sein.

Andererseits könnte ich mir auch vorstellen, auf Funktionärsebene tätig zu werden, um der zum Teil unzulänglichen Organisation im Leistungssport ein wenig auf die Sprünge zu helfen und mehr Transparenz (die oft bewußt hintertrieben wird) in den oberen Hierarchien zu garantieren.

Wie stehen nun die Trainer überhaupt zur Fairneß? Da gibt es durchaus Ängste und Konflikte in bezug auf das eigene Verhalten, aber auch immer die Hoffnung, daß man sich im Rahmen seiner Möglichkeiten prinzipiell fair verhält, denn schließlich sind wir es ja nicht selbst, die foulen, tricksen oder unsportlich in Erscheinung treten.

Neben den groben Regelverletzungen mit schlimmen körperlichen Folgeschäden, die wir unnachsichtig ahnden und hart bestrafen müssen, gibt es natürlich auch die verbalen Ausfälligkeiten mancher Kicker, auf die man mit etwas Fingerspitzengefühl reagieren sollte.

Ein wenig psychologisches Geschick muß der Trainer neben seiner Hauptaufgabe als Fitneß- und Taktikausbilder seiner Mannen im Laufe seiner Tätigkeit schon entwickeln. Am Erfolg wird in diesem knüppelharten Gewerbe nun mal alles gemessen. Wir brauchen also qualifizierte Trainer, aber welche?

  • Vergleichen Sie verschiedene Trainerpositionen in ihrem Umfang und ihrer Kompetenz miteinander.
  • Wie beurteilen Sie die Charakteristiken unseres Bundesligatrainers? Als überzogen oder als realistisch?

Zwei Trainer - einander in schlechterer Position vermutend - im Dialog

A: Na, wieder mal Pech gehabt auf dem Jugendturnier?

B: Na ja, mit den anderen Mannschaften konnten wir nicht mithalten. Die waren uns in Training, Technik und Taktik weit überlegen.

A: Meine A-Jugend hat, wie du weißt, den ersten Platz gemacht. Da hat sich unser konsequentes Training doch ausgezahlt. Mein Ausleseveifahren hat sich eindeutig bewährt: Survival of the fittest, du weißt schon: Nur die Besten kommen mir in die Mannschaft!

B: Und die anderen?

A: Die kommen in die 2. oder 3. Mannschaft. Konkurrenz belebt das Geschäft. Viele hauen auch wieder ab, wenn sie merken, daß sie zu wenig leisten oder schlichtweg Amotoriker sind.

B: Amotoriker? Also Bewegungsversager? Sollten wirTrainer nicht gerade die Freude an der Bewegung fördern und dem Spieltrieb erst mal ohne Ziel und Zweck freien Lauf lassen?

A: Genau! So denke ich auch. Und ich bin davon überzeugt, daß ich meine Kids obendrein durch Leistung zur Bewegungsfreude animiere. Der Spruch "Dabeisein ist alles" ist doch nur ein Alibifür Verlierer. In Wirklichkeit zählt nur der Sieg!

B: Meinst du das ehrlich so?

A: KLARO! Und um Siegertypen zu machen, braucht man ein knallhartes Programm!

B: Knallhartes Programm?

A: Aber selbstverständlich! Ich bin Jür die sportliche Fitneß zuständig - ohne Wenn und Aber. Wir haben Aufgabenteilung. Unser Betreuer kümmert sich mehr um die sozialen Problemchen. Die dürfen keinesfalls stören. Ich programmiere die Kids sozusagen mit genau aufeinander abgestimmten und abgestuften Trainingseinheiten. Dabei verlange ich Disziplin und den Willen, Höchstleistungen zu bringen. Je früher die das kapiert haben, um so besser und brauchbarer sind sie.

B: Bist du wirklich von dem, was du mir da erzählst, überzeugt?

A: Klar doch! Und mein Erfolg gibt mir recht. Ich bin sportlicher Überzeugungstäter.

B: Ich bin da anderer Meinung. Müssen wir uns in unseren Vereinen nicht gleichermaßen um die kümmern, die sich leistungs-, oder spaßorientiert bewegen wollen?

A: Das sag ich doch! Das ist ein Gebot der Faimeß!

  • Welche Widersprüche in den Aussagen dieser Trainer kommen Ihnen als besonders eklatant vor?
  • Halten Sie diesen Dialog überhauptJür realistisch? • Welche Aussagen entsprechen noch am ehesten Ihren eigenen Erfahrungen in diesem Metier?
  • Was darf man als Trainer und Pädagoge definitiv von seinen Kids verlangen?

Trainer/innen und Fair Play

"FairneS könnte als diejenige sportliche Grundhaltung bezeichnet werden, die in der agonalen Situation den Gegner als Partner annimmt, im Kampf den Spielsinn bey,ahrt, auf Regeltreue und Chancengleichheit achtet, das Gewinnen nicht über alles stellt, die rechte Einstellung zu Sieg und Niederlage gibt, zum echten Einsatz der eigenen Kräfte anspornt, unehrenhafte und ungleiche Vorteile ablehnt, erlittenes Unrecht überwinden hilft, in a11 diesen Situationen und Fragen groSmütig entscheiden kann, damit gute Bm",ältigung der agonalen und partnerschaft lichen Sportsituation teil hat an den Tugenden der Aufrichtigkeit, der Bescheidenheit, der Selbstzucht und Noblesse." (aus: KUCHLER, w.: Sportethos, München 1969)

Aus dieser Fairneßdefinition ergeben sich auch heute, im Jahre 1996, für den Trainer folgende wichtige Forderungen:

1. den Gegner als Partner zu akzeptieren, eine gesunde Einstellung zu Sieg und Niederlage zu vermitteln; sportliches Unrecht überwinden zu helfen;

2. das Gewinnen-Wollen oder SiegenMüssen nicht über alles zu stellen, den Sinn für das spielerische Element zu fördem und dennoch zum vollen Einsatz aller Kräfte anzuspomen;

3. auf Regeleinhaltung und Wahrung der Chancengleichheit zu achten und unsportliche Bevorteilung abzulehnen.

Unter diesen Aspekten wollen wir heutiges Trainerverhalten kritisch unter die Lupe nehmen, um daraus Konsequenzen für eine sinnvolle Fairneß-Erziehung im Sportverein abzuleiten.

Den Gegner als Partner annehmen

"Nach 20 Minuten müssen drei Hamburger auf der Fresse liegen und nach dem Sanitäter schreien. Meine Spieler müssen Schaum vor dem Mund haben, wenn sie die HSV-Trikots sehen." (Der Rostocker Trainer REINDERS zU Journalisten vor dem Spiel Hansa Rostock gegen den Hamburger SV)

"Ich habe meinen Spielern immer das Beispiel erzählt: Bei dir zu Hause tritt einer die Tür ein, schmeiSt deine Frau raus, geht an deinen Kühlschrank und trinkt dein Bier weg. Was machst du dann? Und meine Spieler haben gesagt: Dem hau ich aufs Maul. Dann habe ich ihnen gesagt: Dann mach es auch im Spiel so, laS dir nicht die Prämie klauen:' (Sportbild vom 31.08.1988)

"Um eine gute Staffel zu bekommen, muß ich die Damen erst einmal gegeneinanderhetzen. Das Verhältnis zwischen Trainer und Sportler kann erst dann richtig leistungsfördernd sein, wenn es in der Grundstruktur dem des Zuhälters zur Prostituierten entspricht." (w. THIELE, Staffeltrainer im DLV, im SPIEGEL Nr. 47, 1992)

"Ich werde nicht bezahlt, um beliebt, sondern um erfolgreich zu sein:' (amerikanischer Trainer)

"Ich glaube schon, daß Frauen im allgemeinen weniger aggressiv sind - vielleicht ist das auch hormonell bedingt. Im übrigen haben wir auch bei Männern gelegentlich Schwierigkeiten, Aggressionen freizusetzen. Das ist ja bei uns nicht wie bei den Schwarzen in den USA, die sich über den Sport aus ihrem Getto herauskämpfen. Nur wenige kommen bei uns aus so kaputten Familien, daß sie das im Sport kompensieren. Zur Leistungssteigerung muß man da schon gewisse ,Feindbilder' aufbauen. Daß man sich als Sportler mit dem zufriedengibt, "as man schon kann, und sich allein an der schönen Bevlegung erfreut, das ist vielleicht menschlich begrüßenswert, drückt aber auf die Leistung. Also muß man als Trainer schon Antreiber und Motor sein, wenn man den Erfolg haben will." (G. OSENBERG, Leichtathletiktrainer in: SPORTS 1987, 6)

Wenn im Sport Werte wie Kameradschaft und Freundschaft noch Bedeutung haben sollen, dann müssen sie sich vor allem im direkten Wettkampf - wo es gilt, den Gegner als Partner zu sehen - bewähren. Aber auch im internen Bereich, zwischen Mannschaftskameraden oder zwischen Trainer und Athlet/in gilt es, ein gutes partnerschaftliches Klima herzustellen. Der Trainer hat durch seine Persönlichkeit großen Einfluß auf seine Schützlinge und auf die gesamte Wettkampfsituation. Wie unsere Zitate belegen, ist leider der positive Einfluß oft einer unerträglichen Anmache von seiten des Trainers gewichen. Trainer mit solcher Gesinnung können kaum Vorbildfunktion besitzen.

Unter dem großen Konkurrenzdruck und einer gnadenlosen Erfolgsorientierung zeigen viele Trainer bedenkliche Charakterschwächen, indem sie Feindbilder nach innen und außen ohne Skrupel aufbauen und ihre Athleten/innen damit in eine künstlich provozierte Aggressivität treiben. Dies hat mit dem nötigen "Biß", wie er für Höchstleistungen von Bedeutung ist, wenig zu tun.

Wer überdies seine Schützlinge nur als Mittel zum Zweck benutzt, hat seine eigentliche, nämlich erzieherische und sportliche Aufgabe als Trainer mißverstanden und verfehlt. "Symbiotische Abhängigkeiten" zwischen Trainerin oder Trainer und jungen Athleten/innen sind gefährlich, da sie den Prozeß des Mündigund Selbständig-Werdens behindern. Ein eindringliches und warnendes warnendes Beispiel von totaler Unterwerfung einer minderjährigen Kunstturnerin führt uns die Autorin LOTTE ROSE in ihrem Buch "Das Drama des begabten Mädchens" vor Augen.

Zu den pädagogisch wichtigen Aufgaben des Trainers gehört die Vermittlung der richtigen Einstellung zu Sieg und Niederlage; sich über Siege zu freuen, ohne zu prahlen, Niederlagen ertragen zu können, ohne wütend zu sein, dies müssen alle lernen

  • Kennen Sie Beispiele aus Ihrem sportlichen Umfeld, wo Trainerkollegen/ innen gegen elementare FairPlay- Regeln verstoßen haben? Wo liegen die Ursachen?
  • NennenSieaufderanderen Seite positive Beispiele nachahmenswertem Fair-Halten im Trainer-
  • Wie kann der/die Trainer! in seine/ihre Athleten/innen für Fair-Play-Aktivitäten moti-
  • In welcher Form sind die Athleten/innen selbst gefordert?

Spielerischer Spaß oder verbissener Ernst im Sport?

"Ich habe meiner Mannschaft nichts von dem Fair-Play-Cup gesagt, da wir noch aussichtsreich im Rennen lagen, C-JugendBezirksligameister zu werden, und ich befürchtet habe, daß die Sache mit dem Fair-Play-Cup meine Jungs das eine oder andere Mal vor einem notwendigen Foul hätten zurückschrecken lassen." (0-Ton eines Betreuers und Trainers einer CJugend- A1annschaf~

Ebenso bedenklich wie diese Aussage scheint auch die nächste in diesem Zusammenhang:

"Das Fair Play wird viel zu hoch gehängt. Ich werde bezahlt um erfolgreich zu sein, und da kann ich keine Rücksichten auf FairPlay- Bemühungen nehmen. Wenn ein Mittelstürmer durchgeht, dann erwarte ich von meinem Libero oder Vorstopper, "enn der andere zu schnell ist, nicht, daß er ihn ummäht, um das einmal so zu sagen, aber es vlird auch viel geredet von einem humanen Foul. Zum Beispiel, daß er sich davorsteIlt, ihn blockt, d.h. sperrt ohne Ball. Das ist aber immer noch eine vernünftige Sache, d.h. ja nicht, daß er ihn gesundheitlich schädigen soll. Aber das erwarte ich von einem Spieler, und da zeigt sich sicherlich einerseits eine ge,'lisse Unsportlichkeit, die durch die Regeln auch geahndet wird, aber auf der anderen Seite auch eine gewisse Cleverness. Und wenn das nicht mehr der Fall ist, dann werden wir im FuSball sicherlich viele EinbuSen haben.M (C-Jugend-Auswahltrainer Niedersachsens, Stockhausen)

Unbedingter Erfolg und FAIR PLAY scheinen sich - zumindest laut Aussage dieser Trainer gegenseitig auszuschließen. Ist dies wirklich der Fall?

Fairneß muß ja gerade im sportlichen Wettbewerb erfahren und gelebt werden. Angesichts der Brutalisierung in vielen Sportarten muß man sich allerdings fragen, ob die ernsthaften Bemühungen zur Fairneß-Erziehung überhaupt auf fruchtbaren Boden fallen und nicht zwangsläufig zum Scheitern verurteilt sind? Diese Konfliktsituation, in der sich fast alle Trainer/innen nun einmal befinden, da sie oft erfolgsorientiert bezahlt werden und von anderen Zwängen determiniert sind, muß in Zukunft unbedingt zugunsten einer unbelasteteren Fair-PlayOffensive entschärft werden. Es ist außerdem - vor allem im Hinblick auf die aktuelle DopingProblematik - dringend geboten, die Rahmenbedingungen, unter denen die Trainer/innen arbeiten (müssen), so zu gestalten, daß sie sich neben einer sinnvollen und effizienten Leistungsförderung und der ja legitimen Erfolgsorientierung auch mehr der Förderung des Fair Play widmen können. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Worte des früheren Bundespräsidenten RlCHARD VON WEIZSÄCKER, deren Geltungsanspruch nach wie vor, sowohl im Spitzensport, im leistungsorientierten Breitensport wie auch besonders im Jugendsport, uneingeschränkt beachtet und immer wieder bewußt gemacht werden sollte

 

.Das Fair Play gehijrt zum wahren, zum wirklich schijnen Sieg. Erst wenn er sich vijllig sicher ist, daS kein einziges Element seines sportlichen Wettkampfes irgendeinen seiner Gegner beeinträchtigt hat, daS er also voll und ganz seinen Sieg nur seiner Leistung zu verdanken hat, nur dann kann sich der Sportler seines Sieges wirklich von Herzen erfreuen. M .Sportler sind so gut wie ihre Trainer." (WILLI WEYER)

Können sich Sportler überhaupt fair verhalten, wenn der Trainer den Sieg um jeden Preis verlangt?

  • Wie steht es hier mit dem freien Willen eines/einer mündigen Athleten/in?
  • Kann eine Mannschaft von sich aus als Korrektiv zu unfairen Intentionen ihres Trainers wirken?
  • Kann und darf es Ihrer Ansicht nach so etwas wie ein "humanes Foul" geben?
  • Was können wir tun, um Trainer/innen für mehr Fair Play zu motivieren?
  • Ist die physische und psychische Überforderung (speziell im Kinderleistungssport) durch Trainerin oder Trainer unfair oder eine in Kauf zu nehmende Notwendigkeit?
  • • Kennen Sie gravierende Fälle von Überforderung aus Ihrem näheren sportlichen Umfeld?

Über Regeltreue und Chancengleichheit

Bei einer Befragung von Basketballlugend- und luniorentrainern/innen gaben 85% der Befragten zu, ihren Spielern/innen die Anweisung gegeben zu haben, den besten Werfer der gegnerischen Mannschaft "auszuschalten" und gegebenenfalls auch bewußt ein Foul zu provozieren. 90% der SpielerIinnen befolgten diese Anweisung und rechtfertigten dies folgendermaßen

.Weil mein Trainer der beste Trainer ist, und es sonst Liegestützen gibt."

.Trainer ist der Chef, Spieler Angestellter - wer will schon arbeitslos werden?"

Auf die Frage, ob er schon einmal die Provokation eines Offensivfouls, indem er sich mit einem lauten Aufschrei (kurz vor dem Körperkontakt) zu Boden fallen läßt, versucht habe, antwortet ein Basketballjugendspieler:

Der Gipfel unverantwortlichen HandeIns ist die unwissentliche Verabreichung leistungsfördernder Präparate in harmlosen Säften. Alle diese miesen Tricks haben den Boden des Fair Play längst verlassen und tendieren in kriminelle Bereiche.

.Ja, na klar, es gibt ja 'ne ColaI"

.Ich habe einen technisch einmalig guten Spieler, der leider nur nicht bereit ist, in Zweikämpfen auch einmal hart an den Kann zu gehen und notfalls ein Foul zu begehen. Ich lade ihn deshalb nicht mehr zu Auswahllehrgängen und -spielen ein." (C-Jugend-Auswahltrainer Niedersachsens, Stockhausen)

Es muß nochmals die Frage gestellt werden, ob sportlicher Erfolg von seiten der Trainer/innen und Funktionären/innen wirklich mit allen Mitteln und um jeden Preis erzwungen werden darf?

Unlautere Methoden, wie etwa die Fälschung von Geburtsdaten im Spielerausweis junger Handballerinnen, um sie in wichtigen Punktspielen widerrechtlich einzusetzen; das Ermuntern derTrainer/ innen zum Gebrauch von Aufputsch- und Dopingmitteln, ja sogar der Zwang zu solchen Manipulationen: dies ist fatal und gehört rigoros geahndet.

Trainer/in und Betreuer/in solcher Gesinnungs(losigkeit) haben in einem sauberen Sport absolut nichts zu suchen.

Ein weiteres Problem: Es erhebt sich die Frage, ob es die Arbeits- und Vertragsbedingungen vieler Trainer erlauben, sich anders und letztlich verantwortungsbewußter zu verhalten. Hochbezahlte und renommierte Trainer haben nun einmal erfolgreich zu sein, das gehört zu ihrem Image.

Hierbei hat der Erfolg viele Väter; ist ein/e Trainer/in auf der Erfolgswelle, so sonnen sich besonders Funktionäre und Politiker im Ruhme sportlichen Glanzes. Tritt das Gegenteil in Form von Mißerfolgen ein, sieht man die guten Freunde nicht mehr im Dunstkreis der früher so Bewunderten, und der Trainer steht meist im Abseits.

Kann man nicht sogar so weit gehen und behaupten, daß ein Trainer, der sich für Fair play engagiert, damit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt?

Doch ohne den energischen Einsatz der Trainer/in für eine adäquate Fairneßerziehung können die negativen Auswüchse im modernen Leistungssport nicht gemildert oder eliminiert werden

Es ist deshalb gerade auch für die Trainerausbildung unverzichtbar, daß Fairneßerziehung zum Ausbildungsinhalt wird.

  • Welchen Stellenwert hat für Sie die sportartspeziJische Regelkenntnis, und welche sind - Ihrer Meinung nach - die effektivsten Methoden der Vermittlung?
  • Würden Sie auf einen - vom Gegner und Schiedsrichter unbemerkten - Vorteil so ohne weiteres verzichten?
  • Darf ein/e Trainerlin seine/ihre Athleten/innen bewußt zu Regelverstößen verleiten?
  • Kennen Sie Beispiele, wo Trainer! innen im Interesse der Chancengleichheit bewußt auf zufällige Vorteile verzichtet haben? Wie haben die Sportler/ innen, wie die Zuschauer reagiert?

Fairneßerziehung - unverzichtbarer Bestandteil der Trainer und Übungsleiter Ausbildung

Wie bereits erwähnt, beeinflussen Trainer, Übungsleiter und Betreuer durch ihre Persönlichkeit, durch ihr Verhalten und ihr pädagogisches Geschick ganz entscheidend die ihnen anvertrauten Sportler/innen. Wenn wir es also mit der Forderung nach fairem Verhalten wirklich ernst meinen, müssen sie in die Trainerund Übungsleiterausbildung aufgenommen werden.

Schon 1984 wurde auf dem DSBBundestag" Fair miteinander leben" die Forderung aufgestellt: " ... Sportschulen der Landesverbände und Fachverbände . .. auch die Trainerakademie und die Führungs- und Verwaltungsakademie, sollten in ihren Lehr- und Ausbildungsplänen in geeigneter Weise die Behandlung von Fairneßfragen vorsehen". In den "Rahmenrichtlinien für Ausbildung im Bereich des Deutschen Sportbundes" ist das bis heute leider nicht der Fall. Lediglich der Satz "Ethische Ansprüche im Sport berücksichtigen (Fair Play, Doping)" findet sich dort. Reicht das aus?

Auch im Bereich der Fachverbände wurden, wie 1984 im Deutschen HandballBund, Überlegungen angestellt, den FairPlay- Gedanken thematisch in den Ausbildungsgang einzugliedern. Es reicht nicht aus, punktuell Initiativen zur Fairneßerziehung im Sportverein zu unterstützen, ohne eine ausdrückliche Aufnahme in die Aus- und Weiterbildung von lehrenden und betreuenden Personen im Sport.

Die Goldenen Regeln für das FAIR-HALTEN der Trainer/innen

1. Ihre Hauptaufgabe ist es, die A thletin oder den Athleten mit allen für ihre/seine Leistungsentwicklung wichtigen Informationen zu versorgen. Diese Informationen müssen seriös und zuverlässig sein, und nie daif der Versuch unternommen werden, die Athletin oder den Athleten zu manipulieren.

2. Der Informationsaustausch sollte in vertrauenswürdiger Atmosphäre und intensiv geführt werden. Guter Rat: Sitzen Sie Ihrem Schützling nicht ständig "auf der Pelle", denn auch er braucht seinen Freiraum.

3. Machen Sie sich von Zeit zu Zeit die Motive Ihres Handeins bewußt, prüfen Sie den Realitätsgehalt Ihrer und Ihres Athleten Zielsetzung. Versetzen Sie sich immer wieder in die Lage der Athletin oder des Athleten, um sie/ihn besser zu verstehen und zu betreuen.

4. Versuchen Sie nicht nur auf die sportlichen Leistungen positiv einzuwirken, sondern auch auf Charakterbildung und berufliches Engagement Ihres Schützlings.

5. Erziehen Sie Ihre Sportler zu Verantwortlichkeit und Selbständigkeit in Denken und Handeln, und machen Sie sie von der Trainerbetreuung auch in gewissem Maß unabhängig.

6. Konflikte zwischen Trainer/in und Athlet/in gilt es nicht zu verleugnen oder zu unterdrücken, sondern offen auszutragen.

7. Sorgen Sie dafür, daß Ihre Athleten/innen Augenmaß für realistische Ziele behalten und sie zum richtigen Zeitpunkt ihr höchstes Leistungsniveau haben.

8. Bedenken Sie, daß Höchstleistungstraining aggressiv und reizbar machen kann: Wenn Athleten/innen und Trainer/innen dem im Falle eines "Ausbruchs" gelassen begegnen, können die Symptome gemeinsam frühzeitig bekämpft werden.

9. Erwarten Sie - und verlangen Sie - keinen Dankfür Ihre Arbeit.

Die Goldenen Regeln für das FAIR-HALTEN gegenüber Trainer/innen

1. Überprüfen Sie die Informationen, die Sie von der Trainerin/ dem Trainer erhalten, immer wieder. Aber bedenken Sie auch, daß Sie sich irren können.

2. Intensiver Eifahrungsaustausch zwischen Trainer/in undAthlet/in in allen Belangen ist unbedingt nötig. Sachliche und persönliche Probleme sollten vor dem Wettkampf ausgeräumt sein; letztendlich jedoch ist der/die mündige Athlet/in - im Wettkampf auf sich selbst gestellt - für sein Handeln und seine Leistung selbst verantwortlich.

3. Machen Sie sich als Leistungssportler/ in hin und wieder die wahren Motivefür Ihr Streben klar, und vergessen Sie nicht, daß der/die Trainer/in als Partner und Freund Ihnen mit Rat und Tat jederzeit hilfreich zur Seite steht.

4. Sportliche Eifolge sollten nicht zu arrogantem und überheblichem Gebaren verleiten, am allerwenigsten ist dies dem/der Trainer/in gegenüber angebracht.

5. Trotz aller Abhängigkeitsverhältnisse von Trainer, Sponsoren, Medien etc. sollte sich der/die Athlet/in ein gesundes Maß von Selbständigkeit bewahren

6. Lassen Sie sich gemeinsam mit Trainerin oder Trainer Zeit, und setzen Sie sich nicht künstlich unter Eifolgsdruck.

7. Konflikte zwischen Athlet/in und Trainer/in sollten offen und ehrlich ausgetragen werden.

8. Setzen Sie sich gemeinsam erfüllbare Teilziele: Zusammen mit der Eifahrung Ihres Trainers können Sie so auch höhergesteckte Ziele in Zukunft erreichen.

9. Bewahren Sie während der emotionsgeladenen Atmosphäre des Wettkampfs einen kühlen Kopf; auch hier können Sie Krisensituationen mit der psychologischen Unterstützung von Trainer/in besser meistern.

10. Auch Trainerinnen und Trainer hören Lob für ihre Arbeit gern.

4. Runde

Stechende Schmwezren in der linken Wade. Die Zunge völlig trocken. Keinen Blick für die 60.000. Nur schemenhafte Gestalten im Augenwinkel. Die Beine der Verfolger. Den Atem im Nacken. Weiterlaufen bis zum Schluß. Durchhalten. Einfach nur durchhalten. Den Blick nach vorn. Die Ziellinie .Sieg. Es ist vorbei. Es ist jemand da.

FAIR GEHT VOR!