Gespräch mit Andreas w. (Sportredakteur einer Tageszeitung)

Manchmal habe ich schon meme Bedenken, wenn ich realisiere, wieviel Macht die Medien auch in der Welt des Sports besitzen. Wir als Journalisten können Sportler psychologisch aufbauen und hochjubeln, sie jedoch auch fallenlassen und demoralisieren. Ebenso können wir mit unserer Berichterstattung Vereine maßgeblich beeinflussen, je nach positiver oder negativer Stimmungsmache. Schon mancher Athlet wurde unfreiwillig zur Zielscheibe der schreibenden Zunft, und mancher unrühmliche Abgang war mediengerecht " inszeniert '~

Speziell in der Sportberichterstattung hat sich ein knallharter Wettbewerb entwickelt, der nicht unbedingt mit sachlichfairen und vorurteilslosen Beiträgen glänzt. Wie in fast allen Medien führt der Weg zu höheren Verkaufszahlen und Einschaltquoten nur über private Enthüllungen, über schmutzige Familienstories und andere Dinge zur Befriedigung der Neugier der Massen.

Der fatale Hang der Menschen nach dem Exklusiven und Exzessiven läßt uns häufig gar keine andere Wahl, als Negatives zu berichten und im Zweifelsfall noch etwas hinzuzudichten. Überdies wird die immer härtere Konkurrenz den Druck in diese Richtung noch weiter verschärfen. Der Sportler als "Rohmaterial" unserer Arbeit muß von immer neuen Seiten beleuchtet werden. Nur außergewöhnliche Merkmale und Verhaltensweisen der Athletinnen und Athleten sind für Leser und Zuschauer attraktiv und lassen keine Langeweile aufkommen.

Nicht wenige Olympioniken verkaufen sich in den Medien selbst äußerst geschickt. Ihr Marktwert steigt dadurch gewaltig. Doch auch solche Sportler/innen ereilt allzu schnell ein negatives Medienschicksal mit demoliertem Image im Gefolge.

Natürlich leisten die Medien viel Positives, haben sie es schließlich doch in der Hand, unfaire Aktionen und Machenschaften in jeder Form anzuprangern. Sogenanntes "professionelles Verhalten" oder "Cleverneß" ausgefuchster Fußballer etwa sollten die Medien als Unfairneß ohne Wenn und Aber bloßstellen.

Zum Fair-Play-Selbstverständnis der Medien sollte es auch gehören, sog. heiße Eisen im modernen Sport anzufassen - wie etwa das Kinder-Hochleistungsturnen oder die Doping-Problematik. Auch die Tendenz zur ausgeprägten Vermarktung des "Amateursports" gilt es öffentlich zu diskutieren und kritisch zu beleuchten. Doch leider müssen wir Journalisten - die wir ja unsere Produkte verkaufen und an den Mann bringen müssen - einer objektiven und fairen Berichterstattung oft einiges schuldig bleiben. Dessen sind wir uns bewußt.

  • Sollte ein/e Sportjournalist/in Ihrer Meinung nach überhaupt in der Privatsphäre von Sportlerinnen und Sportlern "herumschnüffeln"?
  • Wie sähe für Sie ein optimales Verhältnis zwischen Athlet/in und Journalist/in aus?
  • In welchem Ausmaß darf sich ein/e Sportreporterlin der Sensationsgier der Leser oder Zuschauer - also seiner/ ihrer Kundschaft - verschreiben?

ANNO DAZUMAL Leitsätze der Sportpresse (1924)

Die Sportpresse will eine erzieherische Rolle spielen. Ein echter und gemeinsamer Wille beseelt die Sportjournalisten aller Länder, zusammenzuarbeiten für die Verteidigung der sittlichen Werte ihres schönen Berufes.

Die Sport journalisten betrachten die Pflege und Förderung aller der Verständigung und dem Frieden unter den Völkern dienendenfortschrittlichen und erzieherischen Bestrebungen als ihre Bauptaufgabe.

Berichterstattung und Kritik sollen immer von dem Geiste größter Verantwortung und Wahrheitsliebe getragen sein.

Die Sportjournalisten sind insbesondere bestrebt, durch unvoreingenommenes und unparteiisches Urteil der Jugend ein nachahmenswertes Beispiel zu geben. Indem sie vielfach durch sportlichen Übereifer verursachte unsachliche und unfaire Rivalität bekämpfen, wollen sie den Sport seinem höheren Ziel näherbringen: den Menschen besser zu machen und sein Gemeinschaftsgefühl zu wecken. Dem Strebertum wollen die Sportjournalisten Verantwortungsbewußtsein und inneren Adel entgegenstellen.

Trotz der selbstverständlichen Liebe eines jeden zu seinem Vaterlande, betrachten sich die Sportjournalisten als Wegbereiter einer kulturellen Zusammenarbeit, die im sportlichen Wettkampf ihren Niederschlagfindet.

Die Sportjournalisten bekennen sich zu den Prinzipien sportverbundener Kameradschaft, die in hohem Maße dazu angetan ist, den Geist der Eintracht, der Gerechtigkeit und gegenseitiger Achtung unter der menschlichen Gesellschaft zu fördern. (Leitsätze des Internationalen Verbandes der Sportpresse - "Association internationale de la Presse Sportive", 1924)

Diese Leitsätze beschreiben zwar einen wünschenswerten Idealzustand - auch für unsere heutige moderne Sportwelt.Aber lassen sich bei genauerer Betrachtung einzelne Punkte noch verifizieren?

"Berichterstattung und Kritik sollen immer von dem Geiste größter Verantwortung und Wahrheitsliebe getragen sein."

Im Zeitalter der elektronischen Kommunikationsmittel , in dem der Begriff ,,wirklichkeit" ohnehin neu definiert werden muß und in dem die Ereignisse für die Mehrzahl der Konsumenten nur "aus zweiter Hand" weitergereicht werden , können Kriterien wie Wahrheitsliebe und Verantwortung aus ethischer Haltung nicht mehr so relevant sein wie vor 70 Jahren. Die Medien und ihre Vertreter schaffen heute eine "mediale Wirklichkeit", die für den einzelnen in ihrem Realitätscharakter schwer nachvollziehbar ist. Was er geliefert bekommt, sind Bilder, phantastische Bilder von Großereignissen, deren Auswahl aber subjektiv ist,je nach dem Geschmack und ihrer Zubringer. Die Medien sind zweifellos also auch immer Meinungsmacher in sportpolitischer Hinsicht. Dies geschieht keineswegs immer aus uneigennützigen Motiven oder in positiv-erzieherischem Auftrag; das hat der große Literat und Zeitkritiker Kar! Kraus (1874-1936) schon vor fast 80 Jahren auf den Punkt gebracht:

.. Wenn man die Zeitung nur zur Information liest, erf~hrt man nicht die Wahrheit , nicht einmal die Wahrheit über die Zeitung . Die Wahrheit ist, daß die Zeitung keine Inhaltsangabe ist, sondern ein Inhalt, mehr als das, ein Erreger . Bringt sie Lügen über Greuel daraus. Mehr Unrecht in der Welt, weil es eine Presse gibt , die es erlogen hat und die es beklagen!"

Ein Spiel • Zwei Berichte

Bericht I:

Hockey-Damen zeigten wenig Kurzweil: Titelverteidiger blieb ohne Medaille / Im WM-Spiel um Platz drei gab's eine 1:3-Niederlage gegen Australien / Torhüterin überragt. 2.000 Zuschauer im Tun-Razak-Stadion zeigten sich von der schwachen Vorstellung des DHB-Teams bitter enttäuscht, das lediglich nach dem Anschlußtreffer durch die Hanauerin Martina Koch in der 37. Minute einige erfolgversprechende Angriffe zeigte. "Die Luft war raus", zuckteDHB-Damenwartin Ulrike Diehl-Huth (Mainz) nach den wenig kurzweiligen 70 Minuten die Achseln . Die Luft hätte eigentlich den klar überlegenen Australierinnen fehlen müssen, die im Halbfinale das dramatische Match gegen Kanada erst nach Verlängerung mit 5:8 im Penalty-Schießen verloren hatten.

Die LeverkusenerTorhüterin Susi Schmid bestätigte wieder einmal ihren Ruf als beste Torhüterin der Welt und bewahrte die kraftlos wirkende Mannschaft vor Schlimmerem.

...

Sein deutscher Kollege Wolfgang Strödter konnte wie schon gegen die Niederlande nur feststellen, daß "das Ergebnis absolut korrekt" sei.

(Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 23. April 1983)

Bericht 2:

Telefonbericht von Fritz Klein über das Spiel um Platz drei bei der DamenHockey- Weltmeisterschaft aus Kuala Lumpur für das Sportmagazin von Radio Niedersachsen. (NDR I, 22. April 1983, 19:05-20:15 Uhr)

Nur mit tatkräftiger Unterstützung der beiden Schiedsrichterinnen aus Holland und Kanada gewann Australien heute die Bronzemedaille bei der Damen-HockeyWeltmeisterschaft in Kuala Lumpur. Am Ende stand es 1:3, doch unter regulären Bedingungen hätte es auch anders herum stehen müssen. Ein sportlicher Skandal, der sich heute Nachmittag in Malaysia zwischen Australiens und Deutschlands Damen-Hockey-Team abspielte. Die deutsche Mannschaft war über weite Strecken der ersten Hälfte die klar tonangebende Elf ...

In der Folge dann wieder das gleiche Bild: Eine klar dominierende deutsche Mannschaft und nur gelegentliche Gegenstöße der Australierinnen. Mit Hilfe der Schiedsrichter erhielten sie dann drei kurze Ecken hintereinander, wovon die letzte zum 2:0 führte. Vqllig auf den Kopf gestellt wurde das Halbzeitresultat dank einer unfähigen Schiedsrichterleistung. Eine bittere Niederlage, zumal sie nicht durch Pech oder eine eigene schwache Leistung zustande kam, sondern - ich muß mich wiederholen - mit kräftiger Unterstützung der sogenannten Unparteiischen.

Anerkennung der deutschen Mannschaft, die diesen sinnlosen Kampf sportlich fair überstand und sich mit einem 4. Platz von der WM verabschiedete. Unter normalen Bedingungen wäre mehr drin gewesen.

  • Wie beurteilen Sie die völlig konträren Sichtweisen, die in den beiden Berichten zum Ausdruck kommen?
  • Welche Motive mag Fritz Klein gehabt haben, den wirklichen Spielverlauf zu ignorieren und sein subjektives Lamento über die Ungerechtigkeiten der Schiris im Rundfunk zu verbreiten?
  • Versuchen Sie selbst eine objektivierende Darstellung der Leistung der Hockey-Damen zu geben.

Die Sportjournalisten wollen unvoreingenommen und unparteiisch urteilen und "unsachliche und unfaire Rivalität bekämpfen". Sie betrachten sich "als Wegbereiter einer kulturellen Zusammenarbeit".

Um aus einer neutralen Position heraus urteilen zu können, benötigt man eine Unabhängigkeit, wie sie die wenigsten Journalisten heute de facto besitzen. Sind sie doch ihrem Arbeitgeber gegenüber verpflichtet, hohe Verkaufszahlen und SpitzenEinschaltquoten zu erzielen. Nicht selten sind sie auch ihren Informanten und gewissen Personenkreisen, über die sie berichten, in irgendeiner Form verpflichtet. Immer und überall wird nach Sensationen Ausschau gehalten, und zur Umsatzsteigerung ist vielen Kollegen jedes Mittel recht. Da gibt es häufig Voreingenommenheit und unverhohlene Parteinahme, und es kommt vor, daß ganz gezielt Feindbilder und Rivalitäten geschaffen werden. Auch hier wird die Diskrepanz zur "edlen" Zielsetzung von damals deutlich, die in Punkt 2 ausgesprochenen Ideale werden heute permanent mißachtet.

Fußball Feindschaft

Vorbericht des NDR-Nachrichtenmagazins "Abendkurier" zum Fußball-WM-AchtelJinalspiel Deutschland gegen Niederlande 1990 in Italien

Autor: "Holländische Zeitungen schreiben heute bereits von der Schlacht von Mailand. Die Emotionen kochen hoch zwei Tage vor dem Achtelfinale zwischen Deutschland und den Niederlanden am Sonntagabend um 21 Uhr, eine Partie, die von ihrer Brisanz auch ein Endspiel hätte sein können. Der Respekt ist nicht nur bei den Holländern groß, auch beim deutschen Kapitän Lothar Matthäus."

O-Ton Matthäus: "Dies ist für uns ganz sicher nicht unbedingt von Vorteil, weil eben auch drei Spieler von Holland bei Milan zu Hause sind, dadurch wird natürlich das italienische Publikum ein bißchen gespalten, das selbst eigentlich immer hinter uns gestanden hat. Es wird nicht ein Heimspiel werden, aber ich glaube, wenn uns unsere Fans so unterstützen, wie in den vorangegangenen Spielen, dann werden wir auch Holland schlagen. Also, ich habe keine Angst vor Holland. Aber wie gesagt, es hätt' ganz sicher besser kommen können."

Autor: "Zwischen beiden Mannschaften steht mehr als nur sportliche Rivalität. Ausgangspunkt für das gespannte Verhältnis beider Teams war das FußballWM- Finale 1974 von München, als nach Elfmetertoren von Neeskens und Breitner die deutsche Mannschaft am Ende nicht die bessere, aber am Ende zumindest die glücklichere war."

"Der Stachel des verlorenen Endspiels sitzt tief in den Niederlanden, denn auch bei den nächsten Großereignissen gelang ihnen keine Revanche."

"Doch die Niederländer revanchierten sich bei der WM-Qualifikation. Im April letzten Jahres in Rotterdam. Nach einem 1:1, das beiden Mannschaften den Weg nach Italien ebnete, gab es schwere Straßenschlachten. Die Bilanz: mehrere hundert Verletzte. Die Sicherheitskräfte in Mailand und Umgebung sind gewarnt. Vor dem Spiel am Sonntag herrscht Alarmstufe 1."

  • Welche Wirkung kann eine solche Dokumentation auf Fans und nationalistisch- verblendete Jugendliche haben?
  • Welche Motive mögen den Autor dieses Beitrags veranlaßt haben, ein Millionen-Publikum in dieser Form "einzustimmen"?

Helm ab - Geld kommt

Profis im NHL-Eishockey barhäuptig

Helm ab zur Schlacht: Die nordamerikanische Eishockey-Profiliga NHL kehrte bei der Versammlung der Klubbesitzer mit der Abschaffung der Helmpflicht wieder zu alter Härte zurück. Der Lockruf des Geldes der großen Fernsehsender verdrängte offenbar die Bedenken der Verantwortlichen in Sachen Sicherheit der Puckjäger. Die Entscheidung hat in Amerika heftige Diskussionen ausgelöst.

Superstar Wayne Gretzky von den Los Angeles Kings hat wie auch einige andere Spieler bereits erklärt, daß er höchstens beim Training keinen Helm tragen würde. Nur wegen eines besseren TVVertrages bringe er sich nicht um. Zu den Verfechtern der harten Linie gehört unter anderem Gien Sather, Präsident des ehemaligen Gretzky-Klubs Edmonton Oilers. "Die Spieler können selbst entscheiden, ob ein heiler Schädel oder das schöne Profil mit Werbewert wichtiger ist", erklärte Sather, der seine Spieler nur ohne Helm trainieren läßt.

Tatsächlich ist die Schar derer, die die neue Regel begrüßen, sehr groß. Die Fans in Amerika und Kanada haben Probleme, sich mit "vermummten" Idolen zu identifizieren. Auch die großen TV-Sender haben die NHL im Vergleich zu den anderen drei großen amerikanischen Sportarten (Baseball, Football, Basketball) bislang mit relativ kleinen Honoraren abgespeist.

Immerhin griff der Sportkabelsender ESPN für die nächsten fünf Jahre etwas tiefer in die Tasche: NHL-Präsident Gil Stein gab den Abschluß eines rund 80 Millionen Dollar (umgerechnet rund 112 Millionen Mark) schweren Vertrages für die Fernsehübertragungen bekannt. In den letzten vier Jahren hatte ESPNKonkurrent Sports-Channel America (SCA) die Rechte gehalten und dafür insgesamt 57 Millionen Dollar gezahlt. Zum Vergleich: Für Deutschlands liebstes Kind Fußball hat der Münchener Rechteverwerter ISPR für die nächsten fünf Jahre 700 Millionen Mark (umgerechnet rund 500 Millionen Dollar) hingeblättert.

Die Schädelbrüche und der Fall Bill Masterton, der 1968 beim Sturz auf die betonharte Eisfläche tödliche Kopfverletzungen erlitt, sind offenbar vergessen. Um die Gemüter der Mahner zu beruhigen , setzten die Regelfürsten die Stockgrenze von der Schulter auf die Gürtellinie herab. Außerdem würden laut Sather die Spieler ohnehin vorsichtiger spielen, wenn sie keine Kopfbedeckung haben.

Ob man mit der Entscheidung, nur den Anstifter der in Amerika und Kanada so beliebten Massenkeilereien mit einer Matchstrafe zu belegen, mehr Dampf aus dem Spiel nimmt, bleibt zu bezweifeln. "Spontane Faustkämpfe", was immer das bedeuten mag, werden weiterhin nur mit fünf Strafminuten belegt. Liganeuling Tampa Lightning heizt seine Fans sogar mit einem aggressiven Werbeslogan an:

»Sei dabei, wenn der erste Spieler vom Eis gehauen wird," (Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 10. September 1992)

  • Diskutieren Sie anhand dieses Berichts die zunehmende Brutalisierung des Sports - speziell des Eishockey-Spiels.
  • Sehen Sie Möglichkeiten, dies zu verhindern?
  • Welche Rolle spielt die Problematik der Sport- Vermarktung und der Fernseh-Rechte bei diesem Prozeß?

Die Sprache der Journalisten - ein Dauerthema

»",es kann keinen Dichter mehr geben, weil schon der Reporter einer ist, und der Staat hat nicht mehr genug Phantasie, um die letzte Steuer zu erfinden, die wenigstens etwas wie eine Ausflucht wäre und wie der ehrliche Versuch, aus dem geistigen Elend Kapital zu schlagen: Die Phrasensteuer" (Karl Kraus)

Die Phraseologie in der Presse und in den Medien hat leider mitunter ein Niveau erreicht, auf dem die Regeln des Anstands und der Fairneß nicht mehr beachtet werden.

Man erwartet ja von Sport journalisten keine literarischen Höhenflüge, aber die schlimmen Beispiele gewaltverherrlichenden Sprachgebrauchs sind Negativbeispiele in entgegengesetzter Richtung:

PRESSESTIMMEN: "Dies war ein Golfkrieg auf bizarrste Art und Weise. Die beiden standen da und feuerten Rake ten, rückten dabei nicht an die Front, ehe Huber wie eine vom Kurs abgekommene SCUDRakete aufschlug."

"Am Ende blieb Steffi Graf zwar die Königin des Dschungels, doch der Geruch von Blut lag in der Luft. Die Meute rottet sich zum Töten zusammen."

"Becker schlachtete Titelverteidiger Edberg, und Steffi Graf nagelte Martina Navratilova an die Wand .....

In dieser Art - oder Unart - von Pressejargone kann etwas nicht stimmen, denn hier wird der Sportplatz zum Kriegsschauplatz. Von einem verantwortungsbewußten Journalismus kann hier nicht mehr die Rede sein!

REPORTER LIFE: "Es fehlte der letzte Schuß an Aggressivität, so ein Schuß an Killerinstinkt, sie spielten nicht aggressiv genug, die Sturmspitzen spielten so, als wollten sie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen werden."

"Derbes Foul an Rummenigge, ein Spiel mit Haken und Ösen, man kann nach 20 Minuten nicht sagen, daß das Spiel besonders unsportlich ist, aber doch ganz schön hart."

Auch in diesem Beispiel zeigt sich die verbal-geschickte Verharmlosung von Gewalt. Gedanken- und kritiklos wird der Sport zu einem Schauplatz, auf dem "Action" in Form von Gewalt geradezu gefordert und als notwendige Bedingung zum Erfolg angesehen wird; Mißerfolge werden auf fehlende Aggressivität zurückgeführt.

Verbaler Schlagabtausch im Interview: Leere Fragen Leere Antvvorten:

Sache des Bundestrainers. Ich versuche, durch meine sportlichen Leitungen auf mich aufmerksam zu machen und zu überzeugen." So oder ähnlich lautet eine stereotype Antwort auf die Frage nach Ambitionen auf internationaler Ebene. Im Sport journalismus haben sich im Laufe der televisionären Ära Frage-undAntwort- Spielchen etabliert, denen man in ihrer Belanglosigkeit immer wieder gern einiges abgewinnt. So sagt der Athlet oder die Athletin vor dem Wettkampf: "Ich bin top drauf und werde alles geben. Es wird sicher eine schwere Aufgabe, aber ich bin optimistisch."

Und es sagt der/dieAthlet/in nach einem Mißerfolg: "Ja gut. .. leider hat es heute nicht so geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich weiß auch nicht genau, woran es gelegen hat, das muß ich mit dem Trainer noch analysieren. Ich muß das ganz schnell wegstecken und bin optimistisch für das nächste Match."

Nach einem Erfolg hören wir die Verlautbarung: "Ich bin echt happy, daß es so toll geklappt hat, wirklich super alles heute. Ich weiß, daß ich noch Reserve habe.

Überheblicherweise unterschätzen Sportreporter aber nicht selten ihre Interview-Partner. So kommt es eben vor, daß sie auf eine dumme Frage eine ebensolche Antwort bekommen. Viele Athleten - noch direkt in der Verschnaufpause gefragt, wie sie "die Sache gesehen haben" sind froh, mit Platitüden gut über die Runden zu kommen. Andere sprudeln im Glückrausch des Sieges förmlich über; nur ganz wenige wie etwa Michael Stich können ihrem interviewenden Gegenüber das Wasser reichen.

  • Versuchen Sie die lournalistenSprache mit ihrem spezifischen Stil einmal in die "Normalsprache" umzuschreiben. 
  • Warum schreiben Sportjournalisten/ innen in dieser Art und Weise; welchen Zweck verfolgen sie bei ihrer Leserschaft?
  • Welche Auswirkungen kann ein solcher Sprachgebrauch noch haben?

Ein Olympiateilnehmer kritisiert die Medien

1. Viele Sportjournlisten haben zu wenig Sachkenntnis, als daß sie vernünftig und angemessen berichten könnten.

2. Oft geht es dabei weniger um den Sport, sondern um Klatsch und Tratsch

3. Durch meine Erfahrungen mit den Medien neige ich dazu, gegenüber Sportjournlisten sehr skeptisch und distanziert zu sein.

4. Nur wenigen gelingen eine adäquate Sportberichterstattung (informativ, spannend, distanziert und kritisch) und einfnirer Umgang (offen und ehrlich) mit den Athleten.

Wegvveisende Funktionen der Sportpresse

"Wir brauchen die Presse! Sie ist Spiegelbild des geistigen Lebens, und so darf auch der Sport beanspruchen, als eine neue Auseinandersetzung mit den menschlichen Bedürfnissen unserer Zeit gewertet zu werden. Wir fordern damit, daß die Presse sich nicht mit sportlicher Berichterstattung begnügt, sondern in jeder Zeile, direkt oder indirekt, den Wegweiser macht. Wie im Sport eine Gewissensprüfung notwendig ist, könnte sie auch der Presse von Nutzen sein. Wenn sich der Sport nämlich aus der Richtung auf Sensation und Gewinnsucht nicht umlenken ließe, würde er geradewegs in seinen Abgrund f ühren." (earl Diem anläßlich der Gründung des DSB 1950)

Glücklicherweise ist nicht der gesamte Sport von Sensationsgier bestimmt und von Gewinnsucht infiziert. Es stellen sich immer wieder einmal die notwendigen "Gewissensprüfungen" ein, von denen earl Diem spricht. In ähnlichem Geiste könnten die Medienverantwortlichen ihre Privilegien und Pflichten von Zeit zu Zeit selbstkritisch unter die Lupe nehmen: Sind sie noch - ihrem gesellschaftlichen Auftrag gemäß - an allgemeingültigen ethischen Normen ausgerichtet? Sind Souveränität und absolute Verläßlichkeit noch garantiert? Die moralische Integrität der Fernsehgewaltigen sollte oberstes Gebot sein; deshalb scheint eine gewisse Zurückhaltung der audiovisuellen und auch der Printmedien sowie eine seriösere Berichterstattung in vielen Fällen nötiger, als dies bislang üblich ist.

Die Presse "ist kein Dienstmann - wie könnte ein Dienstmann auch so viel verlangen und bekommen - sie ist das Ereignis. Wieder ist uns das Instrument über den Kopf gewachsen. Wir haben den Menschen, der die Feuersbrunst zu melden hat und der wohl die untergeordnetste Rolle im Staat spielen müßte, über die Welt gesetzt, über den Brand und über das Haus, über die Tatsache und über unsere Phantasie." (Karl Kraus)

Richtung- und zukunftsweisend ist ein Vorschlag aus dem "Gewaltgutachten" der Bundesregierung:

  • "Zur Schaffung eines fairneßorientierten und gewalt/reien sportlichen Klimas ist eine qualitative Änderung der Sportberichterstattung in den Massenmedien notwendig.
  • Sportberichte dürfen nicht durch das Herausstellen von Gewaltakten zur Gewalteskalation beitragen: Gewalt sollte weniger zur Nachricht werden als das faire Spiel.
  • Durch spezielle Schulungen sollte die Sensibilität von Sportredakteuren so weit gesteigert werden, daß sie nicht unbedacht die zweifelhafte Forderung nach aggressiverem Spiel stellen.

Die Goldenen Rege In für das FAIR-HALTEN der Sportjournalisten/innen

1. Sachkenntnis und dadurch erworbene Kompetenz in den verschiedenen Sportarten ist die Grundvoraussetzung für den/die Sportjournalisten/ in.

2. Versuchen Sie sich immer wieder in die Situation der Athleten/innen zu versetzen, über die sie schreiben oder berichten.

3. Versuchen Sie sich immer wieder in die Situation der Athleten/innen zu versetzen, über die sie schreiben oder berichten.

4. Vermeiden Sie arrogantes Besserwissertum und präsentieren Sie nicht Ihre Privatmeinung als allgemeingültige Wahrheit.

5. Versuchen Sie möglichst ausgewogen und neutral zu berichten und zu kommentieren. Seien Sie nicht zu vorschnell in der Wortwahl.

6. Vermeiden Sie Sensationsbefriedigung und Effekthascherei.

7. Weisen Sie entschieden auf Mißstände hin, nennen Sie die Verantwortlichen beim Namen, aber machen Sie auch selbst Verbesserungsvorschläge.

8. Nutzen Sie Ihre rhetorischen Fähigkeiten, um positiv auf Hörer und Zuschauer einzuwirken. Bedenken Sie, welche Auswirkungen Ihre Berichterstattung auf die Sportler und ihr Umfeld haben können.

9. Seien Sie in jeder Hinsicht unbestechlich.

Die Goldenen Regeln für das FAIR-HALTEN gegenüber Sport journalisten/innen

1. Locken Sie Journalisten/innen nicht arglistig auf falsche Fährten.

2. Versuchen Sie nicht, Journalisten/ innen für Ihre egoistischen Ziele einzuspannen.

3. Unterstützen Sie eine möglichst ausgewogene und neutrale Berichterstattung.

4. Seien Sie beim Interview gegenüber den Fragen von Sportjournalisten/ innen kritisch, aber auch auskunftfreudig bei interessanten Themen, diefür die Öffentlichkeit von Bedeutung sind.

5. Fragen Sie sich ernsthaft, ob Ihr Medienauftritt von allgemeinem Interessefür das Publikum ist, oder ob Sie nur aus Eitelkeit vor die Kamera treten?

6. Machen Sie sich immer Gedanken über das Niveau einer Zeitung oder eines Senders, bevor Sie dort in Erscheinung treten.

7. Verlangen Sie rückhaltlose Offenheit und Ehrlichkeit von den - mit Ihnen ja kooperierenden - Sportjournalisten.